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Autor
Tharoor, Shashi

Zeit der Finsternis

Untertitel
Das Britische Empire in Indien. Übersetzt von Cornelius Reiber. Mit einem Essay von Mithu Sanyal
Beschreibung

Zwanzig Jahrzehnte britische Kolonialherrschaft haben bis heute tiefe Narben in Indiens Seele und Gedächtnis hinterlassen und sind längst nicht aufgearbeitet. Wohlgemerkt auf keiner Seite. Zeit der Finsternis ist die mit spitzer Feder verfasste Beweisführung aus der Sichtweise eines zornigen Anklägers, die von Raub und Mord zugunsten einseitiger Wirtschaftsinteressen handelt – und von der Demütigung einer Jahrtausende alten Kultur.
(ausführliche Besprchung unten)

Verlag
AB - Die Andere Bibliothek, 2024
Format
Gebunden
Seiten
480 Seiten
ISBN/EAN
978-3-8477-0477-5
Preis
48,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Shashi Tharoor wurde 1956 in London als Kind einer keralischen Diplomatenfamilie geboren und wuchs in Indien auf. Er ist Jurist, Politiker und zählt zu den bedeutendsten zeitgenössischen indischen Schriftstellern. Als Bestseller-Autor hat er mehr als zwanzig Bücher, Belletristik wie Sachbücher, veröffentlicht und ist darüber hinaus ein bekannter Kritiker und Kolumnist. Tharoor hat als Diplomat bei der UNO-Kommission für Flüchtlinge in Genf, Singapur und New York gearbeitet. Von 2002 bis 2007 war er einer der Stellvertreter von UNO-Generalsekretär Kofi Annan und von 2009 bis 2010 Staatsminister im indischen Außenministerium. Im indischen Parlament zählt er heute zu dessen prominentesten Mitgliedern.

Zum Buch:

Im Jahr 1600 bezifferte sich Indiens Anteil an der weltweiten Wirtschaftsleistung auf 27 Prozent, wohingegen der Anteil Großbritanniens bei gerade mal 1,8 Prozent lag. Als noch im selben Jahr die East India Company gegründet wurde und in rascher Folge gewinnbringende Faktoreien in Westindien entstanden, witterte auch die britische Regierung ein lukratives Geschäft. Zunächst erklärte sie sich bereit, die Handelsinteressen der Company vor Ort durchzusetzen, rigoros, also auch mit militärischen Mitteln, und sobald sich diese Vorgehensweise einmal etabliert hatte, übernahm London die Geschäfte kurzerhand selbst.

Was folgte, waren zwanzig Jahrzehnte Kolonialherrschaft, in deren Verlauf ein ehemals reiches, auch in sozialen Belangen fortschrittliches Land ausgeplündert wurde und schließlich mehr als 34 Millionen Menschen einen grausamen Hungertod starben. Als die letzten Briten für immer aus Indien abzogen, taten sie dies mit gefüllten Taschen und hinterließen als direkte Folge einer unverhohlenen Ausbeutungspolitik ein geschundenes, erniedrigtes Land. Ein Dritte-Welt-Land.

Doch neben der bewusst vorangetriebenen Deindustrialisierung, der Förderung des Kastenwesens wie auch der Einführung eines rigiden Rechtssystems besteht noch eine moralische Schuld, da die Kolonialbeamten, die nach Indien kamen, es als ihr gegebenes Recht ansahen, über eine minderwertige Rasse zu herrschen, deren Kultur – obschon Jahrtausende alt – es zu zivilisieren galt. Wohlgemerkt nach ihren Vorstellungen und Ansprüchen.

Und diese Demütigung hat Spuren im Gedächtnis Indiens hinterlassen. Narben. Shashi Tharoor hat mit Zeit der Finsternis einen enormen Beitrag zur fehlenden Aufarbeitung der Kolonialgeschichte geleistet; mit spitzer Feder schildert er aus indischer Sichtweise rückhaltlos ein unrühmliches Kapitel aus der langen Ära des britischen Empire.

Axel Vits, Köln