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Es ist kalt. Mindestens 45 Grad minus. Es ist so kalt, seine Hände würden sofort am Lauf der bereitgestellten Flinte festfrieren. Und das, obwohl er dicke Fäustlinge trägt. Der lapidare Wetterbericht für die nächsten Tage und Wochen: Temperatur fallend.
Kapitän Francis Rawdon Moira Crozier steht am Bug seines komplett eingefrorenen Expeditionsschiffes TERROR und blinzelt hinaus ins weiße Nichts. Seine Wimpern sind bereits mit Eis bedeckt, und seine Oberlippe ist verkrustet von gefrorenem Atem und Rotz. Die Männer haben gelernt, den Bart unter den Schal und den Pullover zu stecken. Dennoch bleibt ihnen oft nichts anderes übrig, als an der Kleidung festgefrorene Haare abzuschneiden.
Kapitän Crozier ist mal wieder ziemlich voll. Wie jeden Tag in den letzten Monaten. Eigentlich sollte er unter dem Kommando Sir John Franklins nicht zuletzt bekannt als der Mann, der seine Stiefel gegessen hatte endlich die legendäre Nordwestpassage finden. Sir Franklin ist jetzt tot. Die TERROR und die EREBUS, das Schwesterschiff, verloren. Auch gehen die Vorräte zu Ende. Insbesondere Crosiers persönliche Reserve an Irish-Whisky. Aber das ist, abgesehen von der ersten Meuterei, schwulen Matrosen und einer mysteriösen Eskimofrau, nicht sein Hauptproblem.
Dort draußen, irgendwo im weißen Nichts, zwischen den beiden einge-schlossenen Schiffen, treibt sich ein
wie will man es beschreiben
ein Wesen herum. Riesig. Grausam. Schnell. Heimtückische Intelligenz, die Jagd macht. Auf Robben. Walrösser. Eisbären. Steif gefrorene Matrosen.
Dan Simmons? Keine Ahnung. Nie gehört. Sein letzter Roman, Terror, eher ein Zufallsgriff, weil mich einfach das Thema interessierte. Auch dachte ich zunächst, es würde sich hier um einen (bei knapp 1000 Seiten recht umfang-reichen) Tatsachenroman handeln. Was ja auch stimmt. Und doch auch wieder nicht, denn irgendwann geschehen da Dinge, die um es einmal vorsichtig zu formulieren: ziemlich schräg sind. Gut schräg. Witzig auf großem Niveau. Jetzt bin ich ein Fan von ihm. Dan Simmons hat großartige Ideen, verfügt über eine enorme Vorstellungsgabe. Dan Simmons ist ein Autor, bei dem man sofort den Eindruck gewinnt, der Mann hat verdammt viel Spaß beim Schreiben. Also dann: Viel Spaß beim Lesen.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln