Zur Autorin/Zum Autor:
Schon vor der Ehe verspricht Sigmund Freud seiner künftigen Frau Martha Bernays, es den “Biographen nicht leicht (zu) machen”.Tritt jemand mit dem Ansinnen, eine Biographie über ihn zu schreiben, an ihn heran, erklärt er, sein Leben sei nur in Bezug auf die Psychoanalyse interessant. Diese Abneigung wurde von fast allen Chronisten seines Lebens übernommen. Sie schildern den Entstehungsprozess seiner Lehren, äußern sich über seine Reisen, seine Krankheiten, seine Beziehungen zu Kollegen, klammern aber den “Familienroman” fast vollständig aus. Von seinen sechs Kindern wird meist nur Anna, die Gralshüterin, ausführlich erwähnt. Die übrigen fünf, Mathilde, Martin, Oliver, Ernst und Sophie, könnten ebenso gut überhaupt nicht gelebt haben. Seine Ehefrau Martha erscheint höchstens als schattenhafte Figur, dazu bestimmt, ihm “die Misere des Alltags” vom Leib zu halten. Auch das Schicksal der Schwestern von Freud – vier von ihnen kamen im Holocaust um – wird meist ausgeblendet. Eva Weissweiler unternimmt es, dieses Defizit aufzuarbeiten, und hat dafür eine Fülle von unveröffentlichten Quellen – Briefe von Martha Freud und ihren Kindern, aber auch solche von Freud selbst – ausgewertet. Sie schildert eine spannende und tragische Familiengeschichte, die von der Gründerzeit über die Weltkriege bis in die Gegenwart reicht, bis zu den Enkeln, die Sigmund Freud noch erlebt haben: dem englischen Maler Lucian Freud beispielsweise oder der amerikanischen Psychotherapeutin Sophie Freud.