Belletristik

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Buchempfehlung Belletristik

Autor
Timm, Uwe

Am Beispiel meines Bruders

Untertitel
Beschreibung

Die Auseinandersetzung mit seinem 16 Jahre älteren Bruder, der bei der SS war.

Verlag
Kiepenheuer & Witsch, 2003
Format
Gebunden
Seiten
158 Seiten
ISBN/EAN
978-3-462-03320-5
Preis
16,90 EUR

Zum Buch:

1942 meldet sich der 18jährige Karl-Heinz Timm, der ältere Bruder des Schriftstellers, freiwillig zur Waffen-SS. Ein halbes Jahr später, nach Monaten des Kriegseinsatzes in Russland, wird er schwer verwundet, ihm müssen beide Beine amputiert werden, schließlich stirbt er. In der Hinterlassenschaft findet sich ein knappes Kriegstagebuch, in dem der junge SS-Soldat seine Kriegserlebnisse festhält. Neben viel Belanglosem der erschütternde Satz: “Brückenkopf über den Donez. 75m raucht Iwan Zigaretten, ein Fressen für mein MG.” Uwe Timm greift diese und ähnliche Stellen in dem Kriegstagebuch auf, um über die Gründe für das Verhalten des Bruders, seine Schuld, seine Ahnungslosigkeit zu reflektieren. Wie standen die Eltern zu all dem? Der allem Soldatischen zugetane Vater war einst Freikorpskämpfer gewesen und dann wieder an der Ostfront in der Hitler-Armee; die Mutter dagegen unpolitisch, gütig, unbedingte Liebe gewährend. Das Buch geht diesen Fragen nach, letztendlich kreist alles darum, welche privaten wie politischen Einstellungen in deutschen Familien den Hitler-Krieg erst möglich machten. Immer wieder werden Bezüge hergestellt zu C.Brownings Buch “Ganz normale Männer”, der berühmten Fallstudie über die einfachen, “normalen” Familienväter, die im Rahmen des Reserve-Polizeibataillons 101 zu Massenmördern an Juden wurden. Dank seiner Erzählkunst läuft Uwe Timm in diesem essayartigen Band niemals Gefahr, sich in abstrakten Höhen zu verlieren. Alle Reflektionen über Schuld und Totschweigen werden gespeist aus konkreten Geschichten und Erinnerungen. Ein Buch, das den Leser lange nicht los läßt. Wolfgang Kiekenap, Ypsilon Buchladen & Café, Frankfurt