Zur Autorin/Zum Autor:
Simon Stalenhag, geboren 1984, ist schwedischer Autor, Künstler und Musiker. Berühmt geworden ist er mit seinen hyperrealistischen Bildern, die oft eine retrofuturistische Variante der schwedischen Landschaft zeigen.
Am Ende eines Drohnenkriegs hat sich das einst blühende Amerika in eine verheerte Landschaft verwandelt, in der die Überreste der Schlachten wie stumme Zeugen vor sich hin rosten. Eine junge Frau befindet sich auf dem Weg nach Westen, ihren Bruder zu retten, der in seiner eigenen, virtuellen Welt gefangen ist.
(ausführliche Besprechung unten)
Am Rande der von stetigem Wind gepeitschten Mojave-Wüste kämpft sich eine junge Frau an niedrigen Kreosotbüschen vorbei eine leichte Anhöhe hinauf. Sie ist bewaffnet. Hinter ihr, mit nur wenigen Metern Abstand, zieht ein etwa hüfthoher Roboter ein Zweisitzer-Kajak, in dem sich ihre gesamte Habe befindet. Der Himmel ist fortwährend in ein beängstigendes Gelbgrau getönt, die Welt tot und verloren.
In dem neuen Werk des schwedischen Ausnahmekünstlers Simon Stalenhag trifft der Betrachter auf ein vom Drohnenkrieg zerstörtes Amerika, in dem hier und dort die Überreste gewaltiger Schlachtkreuzer wie Schimären im Nebel auftauchen.
Auf der Suche nach Halt und einer ungewissen Zukunft ziehen die Menschen, die in diesem postapokalyptischen Szenario leben, im Land umher, so auch die junge Frau mit ihrem Roboter, die auf dem Weg zur Westküste unterwegs ist. Dort hofft sie, auf ihren kleinen Bruder zu treffen, der, wie so viele andere auch, an das VRN, das Virtual-Reality-Net, angeschlossen und gleichsam darin gefangen ist. Während ihrer endlosen Fahrt quer durch das verheerte Land begegnet sie nicht nur anderen Menschen, die ebenfalls auf der Suche sind, sondern auch den, die sich nach wie vor in eben dieser virtuellen Welt wähnen, aus der auch ihr Bruder sich nicht zu befreien weiß.
Riesige Akkumulatoren ragen am Horizont auf, die beständigen Strom für das VRN garantieren. Verbarrikadierte Motels liegen abseits der wenig befahrenen Straßen. Scheue Arbeitsroboter dienen als Zielscheiben für Schießübungen oder verbergen sich in aufgegebenen Scheunen. Die Überlebenden haben sich eingerichtet, so gut es geht; sie warten, wissen aber nicht, worauf oder wann das Warten ein Ende hat.
Die Dystopie, die Simon Stalenhag mit seinen Texten und den dazugehörigen, hyperrealistischen Bildern geschaffen hat, verschlägt dem Betrachter regelrecht die Sprache und lässt ihn dennoch nicht mehr los. Man fragt sich zuweilen, woher der schwedische Autor und Künstler seine Ideen nimmt, und begreift schließlich, dass unsere jetzige Welt ausreichend Vorgaben für jenes Szenario liefert, das er in solch starken Bildern heraufzuschwören weiß.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln